Kennt ihr das? Ihr fahrt auf der mittleren Spur der Autobahn und vor euch ist ein Auto, das ihr überholen wollt. Die linke Spur ist allerdings ständig so voll, dass dieses einfache Manöver nahezu unmöglich ist! Die rechte Spur dagegen ist, bis auf vereinzelte LKW, leer.
Wenn ich endlich zum Überholen ansetzen kann, schaue ich gerne den Fahrer des zu überholenden Wagens an. Meist handelt es sich dabei um, Achtung Verallgemeinerung, Opis mit Hut oder Frauen im besten Alter.
Wie sind eure Erfahrungen? Welche Fahrtertypen benutzen konstant die mittlere Spur?
Das Rechtsfahrgebot
Auf Straßen soll möglichst weit rechts gefahren werden. Natürlich gilt dies insbesondere für Autobahnen. Wer dagegen verstößt und grundlos die linke oder eben die mittlere Spur benutzt, begeht einen Verstoß . Dieser kann mit einem Bußgeld in Höhe von 80 € und einem Punkt im Fahreignungsregister geahndet werden.
Dennoch gibt es eine Sonderregelung. Paragraph 7 Absatz 3c der StVO.
Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts.
Es muss also nicht jede Lücke benutzt werden. Scheinbar kennen diese Regeln vor allem Opis mit Hut oder eben Frauen im besten Alter 😉 Wichtig ist dabei, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer behindert wird. Allerdings fühle ich mich zumeist von solchen Fahrern behindert.
Das „hin und wieder“ sagt in diesem Fall folgendes: Der Autofahrer muss nicht rechts fahren, wenn er absehen kann, dort in kurzer Zeit einen weiteren Wagen zu überholen.
Als Fausregel gilt, ein Wert von circa 30 Sekunden. ADAC-Anwalt Jost Kärger erklärte dies scheinbar (siehe IMHO) im Wortlaut:
„Könnte ein Fahrer nach einem Überholvorgang deutlich länger als 20 Sekunden mit gleicher Geschwindigkeit auf der rechten Spur fahren, dann muss er dorthin wechseln.“
IMHO: Leider findet man diese Aussage zwar in verschiedenen Medien, aber nie in einer Primärfassung.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Urteil aus dem Jahr 1989 diesen letzten Fakt etwas konkretisiert. Allerdings versteht dies kein Laie:
(…) Nach § 42 VI Nr. 1d StVO darf, wenn außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen durch Zeichen 340 markiert sind, der mittlere Fahrstreifen durchgängig befahren werden, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Diese Ausnahmevorschrift bedarf der Auslegung.
Bei der Auslegung eines gesetzlichen Tatbestands ist in erster Linie der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, d. h. der Wortsinn, wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Norm hineingestellt ist (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 44. Aufl., § 1 Rdnr. 10 a m. Nachw.). Der Wortsinn ist aus der Sicht der Allgemeinheit der Bürger zu bestimmen, weil Art. 103 II GG verlangt, daß jedermann vorhersehen können soll, welches Verhalten verboten ist; der mögliche Wortsinn markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation (s. BVerfG, NJW 1986, 1671). Die Auslegung eines Tatbestands zuungunsten des Täters ist zulässig (s. Göhler, OWiG, 8. Aufl., § 3 Rdnr. 6 m. Nachw.). Bei der zentralen Auslegungsfrage geht es darum, was mit einem gesetzlichen Tatbestand angesichts der gegenwärtigen Fragen und Interessen vernünftigerweise bezweckt sein kann (vgl. Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, 23. Aufl., § 1 Rdnr. 43 m. Nachw.).
Der Zweck der in § 42 VI Nr. 1d StVO normierten Ausnahme vom Rechtsfahrgebot des § 2 I StVO ist es, daß Überholen und Vorbeifahren nicht zum Fahren gestreckter Schlangenlinien zwingen sollen (s. Jagusch/Hentschel, StraßenverkehrsR, 30. Aufl., § 7 StVO Rdnr. 8). Ein vernünftiger Grund, das – auch dem Verkehrsfluß dienende – Rechtsfahrgebot und die Möglichkeit der vollen Ausnutzung der Straßenkapazität hierüber hinaus einzuschränken, ist nicht vorhanden (vgl. Jagusch/Hentschel, § 7 StVO Rdnr. 8: „rechter Fahrstreifen keine ungenutzte Kriechspur“). Angesichts des Gesetzeszwecks ist die genannte Ausnahmevorschrift entgegen ihrem weiten Wortlaut „rechts davon“ nicht dahin zu verstehen, daß das Rechtsfahrgebot für den Benutzer des mittleren Fahrstreifens schon entfällt, wenn vor ihm auf der rechten Fahrbahn ein Fahrzeug „irgendwo in Sicht“ ist. Eine Befreiung vom Rechtsfahrgebot scheidet vielmehr aus, wenn der Abstand zu dem rechts haltenden oder vorausfahrenden Fahrzeug so groß ist, daß der Benutzer des mittleren Fahrstreifens nach Einscheren auf die rechte Fahrbahn dort längere Zeit mit gleicher Geschwindigkeit weiterfahren könnte (s. OLG Celle, VRS 64, 382 = StVE § 2 StVO Nr. 21; Jagusch/Hentschel, § 7 StVO Rdnr. 8; Rüth/Berr/Berz, StraßenverkehrsR, 2. Aufl., § 42 StVO Rdnr. 1; Lütkes/Meier/Wagner/Emmerich, Straßenverkehr, 2. Aufl., § 7 StVO Rdnr. 3).
Nach früherer Rechtsprechung zu § 8 II 1 StVO a. F. entstand die Pflicht zum Einscheren auf die rechte Fahrbahn, wenn dort die Möglichkeit bestand, 20 Sek. mit gleicher Geschwindigkeit weiterzufahren (vgl. OLG Celle, DAR 1968, 278). Da § 8 StVO a. F. jedoch auch für nur zweispurige Straßen galt und § 42 VI Nr. 1d StVO nach seinem Wortlaut das Rechtsfahrgebot großzügig auflockert (vgl. Booß, StVO, 3. Aufl., S. 474), kann diese Rechtsprechung nicht für die Auslegung der letztgenannten Vorschrift übernommen werden (a. A. OLG Celle, VRS 64, 382 = StVE § 2 StVO Nr. 21; Lütkes/Meier/Wagner/Emmerich, § 7 StVO Rdnr. 3). Die Dauer des möglichen Weiterfahrens mit gleicher Geschwindigkeit ist vielmehr erheblich größer zu bemessen.
Hier ist der Abstand, der zwischen dem Pkw des Betr. und dem rechts vorausfahrenden Fahrzeug mindestens bestand, nicht festgestellt worden. Eine Aufklärung erscheint insoweit angesichts des Zeitablaufs ausgeschlossen, zumal die polizeiliche Anzeige keine Abstandsangaben enthält. Ohne genaue Ermittlung dieses Abstandes läßt sich indessen nicht hinreichend sicher beurteilen, ob der Betr. ohne Verringerung der Fahrgeschwindigkeit unter Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes nach rechts hätte einscheren können und gemäß den obigen Ausführungen gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen hat. Der Betr. war demnach unter Aufhebung des angefochtenen Urteils freizusprechen.
Quelle: Az. 2 Ss (OWi) 318/89 – (OWi) 93/89 II | gemäß §5 Abs. 1 UrhG veröffentlicht
Was bedeutet „deutlich länger“?
Die Düsseldorfer Richter haben in ihrem Urteil festgelegt, dass die Dauer des Weiterfahrens auf einer dreispurigen Straße erheblich größer als mit 20 Sekunden bemessen werden muss.
Wann beginnt eine Behinderung?
Ich bin der Meinung, dass eine Behinderung vorliegt, wenn die Zeit für das Überholmanöver kürzer ist, als die Zeit zum Wechseln der Spur auf die rechte Seite.
Also: Wenn auf der mittleren Spur mit 130km/h gefahren wird und ich dieses Auto mit etwa 150km/h überholen möchte. Dann behindert mich der zu überholende Wagen in dem Moment, indem ich die linke Spur benutzen muss, wieder einschere und während dieser Zeit die rechte Spur frei ist.
Könnte ich den Wagen, auf der mittleren Spur, rechts überholen, dann wäre es besser, wenn das Auto kurz auf die rechte Spur wechselt. So muss ich kein Überholmanöver starten. Behindere keine Autos auf der linken Spur!
Der Vorteil für alle Verkehrsteilnehmer: Ihr kommt schneller und sicherer ans Ziel!
Weitere Informationen
So sehr du für dein persönliches Empfinden vielleicht Recht haben magst, so sehr ist deine Argumentation leider auch falsch. Zwar gilt laut StVO § 1 (II) „Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“, aber auf die Geschwindigkeit bezogen gilt StVO § 3 (II) „Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.“ Und auch wenn dir der „Opi mit Hut“ mit seinen 130 km/h auf der mittleren Spur zu langsam erscheint, muss ich ihm leider zu Gute halten, dass „Den Führern von Personenkraftwagen sowie von anderen Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis zu 3,5 t wird empfohlen, auch bei günstigen Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen 1. auf Autobahnen […] nicht schneller als 130 km/h zu fahren (Autobahn-Richtgeschwindigkeit). […]“ (Autobahn-Richtgeschwindigkeits-V § 1) und er somit definitiv keine Behinderung darstellt. Weiterhin gilt für Überholende StVO § 5 (II) „[…] Überholen darf ferner nur, wer mit wesentlich höherer Geschwindigkeit als der zu Überholende fährt.“ Was genau „wesentlich höhere Geschwindigkeit“ heißt, unterliegt dem juristischen Bewertungsspielraum.
Du wirst dich wohl entweder damit abfinden müssen, dass manche mit 130 auf der mittleren Spur rumzuckeln und du weiterhin links überholen musst, oder dir ein schnelleres Auto kaufen, oder diverse Bußgelder wegen Drängelns riskieren. (Und außerdem sind mir persönlich noch ein paar zu viele Rechtschreibfehler im Text, aber da sehe ich gekonnt drüber hinweg 😉 Wer im Steinhaus sitzt sollte ja bekanntlich nicht mit Glas werfen, oder so ähnlich)
Ich sehe das Problem eher bei der Nichteinhaltung der Überholregeln. Nur wer einen Geschwindigkeitsunterschied von min. 20 km/h vorweisen kann, darf auch überholen. Ja, auch auf Autobahnen soll regelkonform überholt werden.
In der Praxis ist davon keine Rede. Da sind einmal die Elefantenrennen. LKWs, aber auch manche PKW, überholen sich da mit minimalstem Geschwindigkeitsunterschied. Dieses Verhalten führt zur Staubildung und ist damit eine Gefährdung. Auch eine Autobahn ist nur die sinnvolle Erweiterung einer Landstraße – nicht eine Mehrspurige Stadtstraße auf der freie Fahrspurwahl gilt. Der Überholvorgang dort unterscheidet sich nicht von allen Anderen.
Man muss nicht zwanghaft „Lückenhüpfen“ doch wer sich für 20 Sekunden einordnen kann, der sollte das auch tun.
Dabei riskiert der allerdings, vom Nachfolgeverkehr nun seinerseits mit einem zu geringen Geschwindigkeitsunterschied überholt und ausgebremst bzw. blockiert zu werden. Was die nächste Staubildung hervorruft.
Den Knackpunkt sehe ich hauptsächlich bei der Nichteinhaltung der Überholregeln auf Autobahnen.
Grundsätzlich gilt, dass wer einen anderen Verkehrsteilnehmer zum Bremsen nötigt, begeht Nötigung. Hier liegt ein beträchtlicher Teil der Unfallursachen.
Durch Nichtbeachtung des Nachfolgeverkehrs, bzw. Unvermögen der Einschätzung dessen Annäherungsgeschwindigkeit entstehen die schlimmsten Verkehrssituationen. Auch bei einer Richtgeschwindigkeit von 130 km/h hat man vor dem Spurwechsel des Überholvorganges damit zu rechnen, dass sich ein Nachfolgefahrzeug auch mit 300 km/h nähern kann. Bei zu knappem Ausscheren in die Überholspur, bei dem der Nachfolgeverkehr zum Bremsen genötigt wird, ist in jedem Fall der Ausscherende schuldig. Soviel ist sicher.
Geahndet wird aber, in der Regel, nur der „Raser“. Weil man dieses Vergehen eindeutig beweisen kann.
Bei mehr als zwei Spuren auf einer Autobahn kann man durchgängig beobachten, dass nur die linken zwei Spuren befahren werden. Von einigen LKWs abgesehen. In den USA gibt es Autobahnen mit bis zu acht Spuren. Dort hatte man das selbe Problem – bis man da das Rechtsüberholverbot gekippt hat. Seither sind die Highways auch wider voll ausgelastet.